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Thorsten Frei bei der neuen Chefin der Agentur für Arbeit

Um die Herausforderungen des Arbeitsmarkts im neuen Jahrzehnt ging es im Gespräch zwischen Thorsten Frei und Sylvia Scholz, der neuen Leiterin der Agentur für Arbeit  Rottweil - Villingen-Schwenningen. Konkret ging es beim Antrittsbesuch des Bundestagsabgeordneten um die leichte Konjunkturdelle, den weiterhin hohen Fachkräftebedarf und auch über das ab 1. März 2020 in Kraft  tretende Fachkräfteeinwanderungsgesetz. Sylvia Scholz und Thorsten Frei waren sich einig, dass Bildung und Weiterbildung verstärkt der Schlüssel des Erfolgs im Berufsleben sind. 

Noch liegt die Arbeitslosenquote in der Region bei nur 2,9 Prozent (Dezember 2018: 2,4 Prozent). Aber der jüngst deutliche Anstieg ist nicht nur auf witterungsbedingte Entlassungen zurückzuführen, sondern auf eine deutlich schwächere Auftragslage in Bereichen des Maschinenbaus und der Autozulieferer – zwei Schlüsselindustrien in der Region – und im verarbeitenden Gewerbe. Die Unternehmen trennen sich hauptsächlich von Arbeitskräften nach dem Auslaufen von befristeten Arbeitsverhältnissen, aber auch langjährige Mitarbeiter sind betroffen, so Scholz. Der Markt sei aber zweigeteilt: „Wir haben beispielsweise im Handwerk oder in der Pflegebranche eine ungebremst hohe Nachfrage nach Fachkräften.“ 

Sylvia Scholz spricht sich auch dafür aus, Qualifizierung im Berufsleben zu forcieren. Berufliche Bildung, die aktuelle Anforderungen, die durch den Wandel in den Berufen und durch die Digitalisierung entstehen aufgreift, bietet den besten Schutz vor Arbeitslosigkeit und sichert den Betrieben gut qualifizierte Fachkräfte. Sie nimmt wahr, dass Firmen aktuell die Möglichkeiten des Qualifizierungschancengesetzes noch verhalten nutzen. „Wir können Arbeitgeber und Beschäftigte mit Beratung und finanziellen Förderleistungen unterstützen mit dem Strukturwandel besser mitzugehen.“  

Mit Blick auf das Anwerben ausländischer Arbeitskräfte und das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz meinte die neue Agenturchefin, dass man durch den demografischen Wandel sicherlich auf Zuwanderung angewiesen sei, aber die Potenziale vor Ort durch Weiterbildung und Qualifizierung nutzen müsse. „Dem stimme ich zu 100 Prozent zu“, sagte Thorsten Frei: „Es ist wichtig, die Menschen, die hier leben, vorrangig in Arbeit zu bringen. Außerdem haben wir auch kein Arbeitskräfte-, sondern Fachkräfteeinwanderungsgesetz verabschiedet. Wir setzen auf ausgebildete Zuwanderer und jene, die hier eine berufliche Ausbildung machen wollen.“ 

Große Priorität schenken beide der Vermittlung von Sprachkenntnissen, wenn es um die beständige Integration von anerkannten Flüchtlingen geht. Sprache ist der Erfolgsfaktor - zur Integration in unsere Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt. Helferjobs, zum schnellen Geldverdienen, sollten nur eine Übergangslösung sein, die nicht dazu führen dürfen, dass der Spracherwerb vernachlässigt wird. Das ist es, was Deutschland sich von zuwandernden Arbeitskräften wünsche. Thorsten Frei sieht beispielsweise in den in Baden-Württemberg übers Land verteilten Welcome-Centern einen guten Ansatz für die Vermittlung von Sprachkenntnissen: „Hier wird nicht nur Deutsch in Kursen gelehrt. Es werden auch viele Tipps und Unterstützung zur Bewältigung des Alltags gegeben. Und für die Kinder leisten Landkreise und Kommunen in Kitas und Schulen eine sehr gute Integrationsarbeit für die nachwachsenden Generationen.“

 Gerne würde Sylvia Scholz im neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz eine gewisse Lenkungsfunktion sehen, damit Fachkräftezuwanderung nicht nur in die Ballungszentren stattfindet, sondern auch kleinere Unternehmen und Handwerksbetriebe „auf dem Land“ profitieren können. Dies sei, so Frei, freilich im Gesetz nicht näher angelegt. Er halte diesen Ansatz aber für sehr wichtig, auch zur Entlastung der Ballungszentren. Behörden könnten hier durchaus vermittelnd eine gewisse Lenkungsfunktion übernehmen.