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Abkehr von einzelstaatlicher Betrachtung der Maastricht-Kriterien wäre der erste Schritt zur Schuldenunion

In der kommenden Woche wird der Präsident der EU-Kommission seine Vorstellung für die Weiterentwicklung der Wirtschafts- und Währungsunion vorstellen. Denkbar ist ein Vorstoß Junckers, der darauf abzielt, die Stabilitätskriterien bei Neu- und Gesamtverschuldung nicht mehr einzelstaatlich, sondern für die Eurozone insgesamt zu betrachten. Dazu erklärt der direkt gewählte Bundestagsabgeordnete und stellvertretende CDU-Landesvorsitzende Thorsten Frei:

Davon abzurücken, dass jeder einzelne Euro-Staat jedes Jahr aufs Neue Rechenschaft über die eigene Neuverschuldung und die Staatsverschuldung insgesamt ablegen muss, hielte ich für einen Kardinalfehler. Eine solche Aufweichung der Maastricht-Kriterien würde die Finanzmarktstabilität der Eurozone mittel- und langfristig schwächen. Dieser Schritt wäre angesichts der großen wirtschaftlichen Herausforderungen in Bezug auf den Brexit und den zunehmenden Protektionismus im Welthandel aus meiner Sicht das falsche Signal.

Für mich braucht es mit Blick auf Stärke, Stabilität und Glaubwürdigkeit von Eurozone und Euro eine strikte Einhaltung der vereinbarten Schuldenbremse. 3% des BIP bei der jährlichen Neuverschuldung und 60% des BIP bei der Staatsverschuldung sind unverändert in die Zukunft gerichtete Werte. Das habe ich gestern als Vertreter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion beim Treffen der EVP-Fraktionsvorsitzenden in Brüssel unmissverständlich zum Ausdruck gebracht. Als Union werden wir uns auch zukünftig mit aller Kraft gegen jeglichen  Versuch stemmen, eine Vergemeinschaftung von Schulden in der EU oder eine Abkehr von der notwendigen Haushaltsdisziplin zu organisieren. Doch nichts anderes wäre so ein Vorschlag.

Vielmehr brauchen wir eine ehrliche und von politischen Vorgaben unabhängige Überwachung der Maastricht-Kriterien nach rein wissenschaftlichen Gesichtspunkten. Es darf nicht weiter so sein, dass Dauersünder mit dem Zeigefinger und ohne Sanktionierungen davon kommen. Statt einer Lockerung der Stabilitätsbetrachtung brauchen wir eher festere Zügel.

Auch das Argument, dass dadurch weitere 200 Mrd. EUR für zusätzliche Investitionen in strukturschwachen Regionen freigesetzt werden, greift zu kurz. Schließlich gibt es heute schon genügend öffentliche Mittel für Investitionen. Nur leider wird damit viel zu oft verschwenderisch umgegangen – gerade in den Staaten, die sich über mangelnde Investitionen und Sparauflagen beschweren. An Stelle einfach nur mehr Mittel ins System zu geben, sollte die EU-Kommission eine bessere Steuerung und neue Effizienzziele für die Kohäsions- und Strukturfonds entwickeln.