Ende 2018 waren in Deutschland rund 240.000 Personen vollziehbar ausreisepflichtig und zusätzlich sind rund 280.000 Klagen gegen eine ablehnende Asylentscheidung des BAMF anhängig. Da die Aufhebungsquote für negative BAMF-Bescheide gering ist, ist ein weiterer deutlicher Anstieg der Zahl der Ausreisepflichtigen zu erwarten. Dem standen in den Jahren 2018 und 2017 jeweils rund 26.000 Rückführungen gegenüber.
Wenn wir substantielle Fortschritte bei der Durchsetzung der Ausreisepflicht machen wollen, kommt es vor allem auch darauf an, dass wir deutliche Verbesserungen beim Ausreisegewahrsam und der Abschiebehaft schaffen. Mit dem nun im Bundeskabinett beschlossenen Geordnete-Rückkehr-Gesetz adressieren wir genau dieses Problem. Wir gehen gezielt gegen das massenhafte Untertauchen von Ausreisepflichtigen vor. Allein im vergangenen Jahr sind rund 30.000 Rückführungen gescheitert; davon rund 8.000 durch nicht erfolgte Rückführung am Flugtag.
Um diese Zahl deutlich zu reduzieren, senken wir die Hürden für Abschiebehaft und Ausreisegewahrsam und machen diese Instrumente für Behörden und Gerichte praktikabler. So wird beim Ausreisegewahrsam klargestellt, dass es keiner Fluchtgefahr bedarf. Bei der Abschiebehaft wird künftig in typischen Fällen eine Fluchtgefahr – die zentrale Voraussetzung für Abschiebehaft – vermutet, die der Betroffene widerlegen muss respektive kann.
Flankiert werden die Neuerungen durch das Aussetzen des Trennungsgebots für drei Jahre. Das bedeutet, dass in Abschiebehaft unterzubringende Personen auch in Strafanstalten festgehalten werden können. Zwar ist eine getrennte Unterbringung von Ausreisepflichtigen und Strafgefangenen auf dem Gelände von Haftanstalten auch in Zukunft zwingend vorgeschrieben. Die Unterbringung von Ausreisepflichtigen in Haftanstalten ist durch EU-Recht in Notfallsituationen gedeckt. In Deutschland sind seit 2015 1,6 Millionen Asylanträge gestellt worden. Das waren rund 45 Prozent aller in Europa gestellten Anträge. Ich glaube, man wird kaum bestreiten können, dass das eine Ausnahmesituation ist – und auch sein und bleiben muss. 240.000 Ausreisepflichtige stehen in Deutschland nicht einmal 500 Abschiebehaftplätze gegenüber.
Der Vergleich mit dem europäischen Ausland offenbart an dieser Stelle, dass ein kleines Land wie Belgien über 2.000 Abschiebeplätze . In Großbritannien sind es über 4.000. Folglich hat Belgien 4-mal so viele Abschiebehaftplätze aber nur 1/16 der Antragsteller; Großbritannien hat 8-mal so viele Abschiebehaftplätze, aber nur 1/10 der Antragsteller.
Diese Zusammenhänge habe ich in einem Interview mit Zeit-Online auch noch einmal dargelegt, um pauschaler Kritik von verschiedener Seite an dem Gesetz sachlich entgegenzutreten.
https://www.zeit.de/politik/deutschland/2019-04/abschiebehaft-asylbewerber-gefaengnis-bundesregierung?sort=desc&page=5#comments