Redaktionsgespräch mit der NECKARQUELLE

Der Bundestagsabgeordnete Thorsten Frei war zum Redaktionsgespräch mit Dr. Ralf Trautwein und Cornelia Hellweg bei der NECKARQUELLE. Dabei ist er ausführlich auf aktuelle politische und persönliche Fragen eingegangen. Den Bericht von Dr. Ralf Trautwein können Sie hier nachlesen.

Kontinuierliche, gute Arbeit ist für Frei der beste Weg zum Erfolg
Wo in Berlin derzeit noch vieles in der Schwebe ist, konzentriert sich der CDU-Wahlkreisabgeordnete auf das Wesentliche. Aus der Bundestagswahl ist er gestärkt hervorgegangen. 
Was macht eigentlich ein Abgeordneter, solange es noch keine neue Regierung gibt? Ferien? – „Von wegen!“, sagt Thorsten Frei: „Business as usual“ – also was er sonst auch macht. „Die Welt bleibt schließlich nicht stehen.“ Da ist was dran, deshalb ist Frei nach der Bundestagswahl im September auch Woche für Woche mit Eurowings nach Berlin geflogen, wie es sich für einen fleißigen Politiker gehört. Eine Fahrgemeinschaft mit FDP-Kollege Marcel Klinge – darüber war bei der NECKARQUELLE-Podiumsdiskussion vor der Bundestagswahl gewitzelt worden – hat er natürlich nicht ernsthaft erwogen. Der Politbetrieb ist selbstverständlich auch unter der geschäftsführenden Regierung weiter gegangen und dürfte im Januar, wenn die Bundestagsausschüsse neu gebildet werden, seinen gewohnten Rhythmus wieder aufnehmen.
Als die Sondierungsgespräche für eine  Jamaika-Koalition platzten, war Thorsten Frei genauso überrascht wie die meisten. Dass nun alles auf eine erneute „Gro-Ko“ mit der SPD hinausläuft, findet er – und auch da ist er nicht allein – wenig prickelnd, aber notwendig: Irgendwer muss schließlich die staatspolitische Verantwortung übernehmen, muss die politische Arbeit machen. „Arbeit“ – oder vielmehr: „kontinuierliche, gute Arbeit“ – ist für Frei die zentrale Kategorie. Das ist es, was sich der Mann aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis auf die Fahnen geschrieben hat. Darin sieht er langfristig den besten Weg zum persönlichen Erfolg. Damit will der Wahlkreisabgeordnete in seiner zweiten Amtszeit im Bundestag vorankommen. Shootingstars seiner Partei wie dem jungen Jens Spahn (37) neidet der 44-Jährige die öffentliche Aufmerksamkeit nicht. Der Spahn sei ja schon lange dabei und eben auch einer, der gute Arbeit leiste. Ähnlich gelassen geht er mit dem PR-Scoup seines Wahlkreiskollegen Klinge um. Dem Liberalen war es kurz nach der Wahl gelungen, ein schönes Selbstbildnis mit Angela Merkel über die heimischen Medien zu verbreiten. „Ich mache keine Selfies mit der Kanzlerin“, sagt Thorsten Frei lakonisch. „Ich arbeite mit ihr zusammen.“ Gründe, derart selbstbewusst zu reagieren, hat der frühere Donaueschinger OB und frischgebackene CDU-Kreisvorsitzende allemal. Nicht nur, weil er sich im Parlament etabliert hat, sondern auch, weil er gestärkt in die nächsten vier Jahre Berlin geht. Das liegt nicht etwa daran, dass er beim Haustürwahlkampf seiner Partei der „drittfleißigste Kandidat“ in Baden-Württemberg war, sondern vielmehr daran, dass er zum zweiterfolgreichsten nach Wolfgang Schäuble avancierte. Wobei der aktuelle Bundestagspräsident sowieso außer Konkurrenz läuft. Schäuble, 75 Jahre alt, ist im politischen Berlin ein Denkmal. „Absolut gesehen war es ein schlechteres Ergebnis, relativ gesehen ein besseres“, kommentiert Frei sein Abschneiden bei den Bundestagswahlen nüchtern. Dass er danach den stellvertretenden Vorsitz der CDU-Landesgruppe im Bundestag übernommen hat, ist eine weitere Basis für das, was noch kommen mag. Um sich allerdings zu konkreten persönlichen Zielen zu äußern, ist Thorsten Frei natürlich viel zu sehr Politiker: „Vieles hängt von Konstellationen ab“, sagt er. So ist das!
Dass momentan in Berlin vieles so kompliziert ist, hängt für ihn im Wesentlichen daran, dass die Regierungsbildung mit sechs Parteien eben nicht so einfach ist wie mit vieren. Wird das zum Dauerzustand? Müssen wir uns an die rechtspopulistische AfD gewöhnen? Das wollte die NECKARQUELLE von Thorsten Frei bei dessen Redaktionsbesuch wissen. Der Wahlkreisabgeordnete demonstriert in Zuversicht, dass es gelingen werde, die „bürgerlichen AfD-Wähler“ beim nächsten Mal zurückzuholen: Die Blauen sind aus seiner Sicht ein Protestphänomen, das vorübergehen wird. Die Partei lebe stets von einem einzigen Thema; zunächst vom Euro, dann von der Flüchtlingsproblematik. Vor der großen Flüchtlingswelle des Jahres 2015 habe die AfD bei „zwei oder drei“ Prozent gelegen und sei beinahe schon erledigt gewesen. Ob dieser Fall nach der laufenden Legislaturperiode jemals eintritt, hängt für Frei „von unserer Arbeit“ ab. Er ist sich im Klaren darüber, „dass die Migration eines der großen Probleme ist, die wir regeln müssen“. Wie das geht, ist für ihn kein großes Rätsel: Alle ohne Bleibeperspektive muss man zurückführen. Den Familiennachzug würde er gerne aussetzen und außerdem mehr sichere Herkunftsländer definieren, vor allem im Maghreb. Wenn Frei so etwas sagt, hat das Gewicht in Berlin, denn er hat sich in den zurückliegenden vier Jahren im Auswärtigen Ausschuss ebenso wie im Europa-Ausschuss profiliert. In beiden Gremien will er unbedingt weitermachen; hier werden schließlich Weichen gestellt.
Längst hat sich die Union dafür entschieden, in Flüchtlingsfragen klare Kante zu zeigen, auch wenn aus der „Obergrenze“ der CDU in der Union ein „atmender Deckel“ geworden ist. Hinter diesem Schlagwort verbirgt sich eine flexible Lösung: Richtwert bleiben 200 000 Flüchtlinge pro Jahr, die Deutschland künftig aufnimmt. Je nachdem, wie sich die Sicherheitslage in deren Herkunftsländern ändert, können es mal mehr, aber auch mal weniger werden. Frei spricht in diesem Zusammenhang von einer „humanitären Migration“ und sieht darin eine Regelung, mit der alle leben können. An solchen Modellen will er weiter mitarbeiten; das macht ihm Spaß. Was allerdings nicht heißt, dass er sich jetzt nicht auf Weihnachten und damit auf eine kleine Auszeit freut. Das Christfest beschert ihm ein paar freie Tage mit Familie und Verwandten, die er sonst nur wenig zu Gesicht bekommt. Doch was ist, wenn beim trauten Zusammensein mit Eltern, Schwiegereltern oder Geschwistern die Rede auf politische Themen kommt? „Nicht schlimm“, sagt Thorsten Frei. „Über Politik rede ich immer gerne. Ihr gehört meine Leidenschaft.“