von Pirmin Hofmann
Krisen sind Zeiten der Regierung. Das sagt zumindest eine klassische Politikweisheit. Das aktuell eine Krisenzeit ist, kann nicht bestritten werden. Bereits seit zwei Jahren hält die Corona-Pandemie das Land gefangen. Am Anfang waren es noch Masken und Intensivbetten, die die Debatte bestimmten. Nun sind die Impfpflicht und die Ausgestaltung der weiteren Infektionsschutzmaßnahmen die bestimmenden Themen. Doch das ist alles in den Hintergrund gerückt, seitdem Russland Ende Februar, und damit eineinhalb Wochen vor Beginn meines Praktikums, in die Ukraine einmarschiert ist. Die Schrecken dieses Krieges in Europa sind einfach unvorstellbar. Wenn in diesen Tagen über die Lieferung von Waffen, die Verhängung von Sanktionen oder die Aufnahme von Flüchtlingen gesprochen wird, dann stimmt es, dass die Regierung eine zentrale Rolle einnimmt.
Ist der Bundestag deswegen abgemeldet? Davon kann keine Rede sein. Egal ob die Sondersitzung wenige Tage nach Kriegsbeginn oder die Rede von Selenskyj, die ich live erleben konnte, der Bundestag ist weiterhin ein zentraler Ort für die Politik. Thorsten Frei und der Unionsfraktion kommt seit der Bundestagswahl letzten Herbst und dem Wechsel in die Opposition dabei eine neue Rolle zu. Im Fokus steht es nun nicht mehr, die erforderlichen Regierungsmehrheiten zu organisieren, sondern andere Fragen. Wo ist es als Opposition wichtig, der Linie der Bundesregierung zu folgen und Geschlossenheit zu demonstrieren, wo ist es besser, Missstände in der Regierungspolitik zu adressieren und mit eigenen Vorschlägen Alternativen aufzuzeigen?
Als Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion spielt Thorsten Frei dabei eine zentrale Rolle. Diese Position taucht in der öffentlichen Wahrnehmung zwar regelmäßig auf, so wirklich was verbinden können viele Menschen aber nicht damit. Eine Fraktion besteht nicht nur aus vielen Abgeordneten, sondern hat selbst auch eine Vielzahl an eigenen Mitarbeitern. Das geht von Referenten und Pressesprechern über die Mitarbeiter der Fraktionsdruckerei bis hin zum Fahrer des Fraktionsvorsitzenden. Während der Fraktionsvorsitzende vor allem damit befasst ist, die Linie der Fraktion nach außen zu vertreten, ist der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der „Manager“ der Fraktion. Nur wenn Abgeordnete und Mitarbeiter an einem Strang ziehen, ist es möglich, erfolgreich Politik zu betreiben. Als „Mutter der Kompanie“ ist es Thorsten Freis Aufgabe, diese Einigkeit herzustellen.
Für Praktikanten hat diese neue Aufgabe von Herrn Frei Vor- und Nachteile zugleich. Verständlicherweise sind viele Treffen der Fraktionsspitze ohne Mitarbeiter und daher auch für Praktikanten nicht zugänglich. Andere Termine sind dafür sehr spannend und bei anderen Abgeordneten höchstens die Ausnahme. Dies betrifft vor allem die Kommunikation mit den Medien. So konnte ich bei einigen Hintergrundgesprächen und Interviews mit Pressevertretern dabei sein. Auch ein Auftritt Thorsten Freis bei Bild-TV war eine spannende Erfahrung. Anders als noch als Stellvertretender Fraktionsvorsitzender sind die Themen von Herrn Frei nicht mehr hauptsächlich „Innen und Recht“. Als Erster Parlamentarischer Geschäftsführer wird Thorsten Frei zu allen tagesaktuellen Themen gefragt. Um qualifizierte Antworten liefern zu können, ist es dabei unerlässlich, stets auf dem neusten Stand zu sein und sich eingehend mit den verschiedenen Themen zu beschäftigen. Spätestens beim Pressefrühstück in den Sitzungswochen ist dieses Wissen von großem Vorteil. Auf der einen Seite ist es der Anspruch, fundierte Antworten zu geben, welche eine eigene Position der Fraktion transportieren. Zugleich sollte man sich jedoch nicht dazu verleiten lassen, sich zu pointiert zu äußern und Ansichten zu vertreten, die im Anschluss ein Eigenleben entwickeln. Die Natürlichkeit, mit der Thorsten Frei gegenüber Medien auftritt und die Balance schafft, haben mich dabei sehr beeindruckt.
Auch wenn Thorsten Frei in keinem Ausschuss und keiner Arbeitsgruppe mehr vertreten ist, konnte ich dank seiner guten Vernetzung und dem Einsatz seines Büroleiters auch in diesem Feld viele Einblicke gewinnen. Während meiner Praktikumszeit habe ich Sitzungen der Unions-Arbeitsgruppe Europa und Innen besucht, sowie Ausschusssitzungen der Ausschüsse Europa, Recht und Finanzen erlebt. Besonders spannend fand ich dabei den Auftritt des Bundesbankpräsidenten Nagel im Finanzausschuss. Auch wenn die Verflechtungen mit Russland vielfältig und die Folgen der Sanktionen auf das Finanzwesen komplex sind, gelang es ihm doch, die Effekte und Wechselwirkungen sehr anschaulich darzustellen. Der Besuch von Plenardebatten ist eindrücklich, ein wirklicher Mehrwert des Praktikums war es jedoch, die Feinabstimmung in den Ausschüssen mitzubekommen, wo sich ein wesentlicher Teil der politischen Arbeit abspielt. Neben diesen Eindrücken konnte ich auch Erfahrungen in der Arbeit in einem Abgeordnetenbüro sammeln. Ich war dabei in verschiedene Aufgaben eingebunden, wie die Erstellung von Entwürfen für Bürgerpost, Pressemitteilungen und Newsletter. Auch die Rechercheaufgaben zu aktuellen Themen oder zur Vorbereitung auf anstehende Termine gehörte zu meinen Aufgaben. Sehr gut war dabei die Zusammenarbeit mit seinen Mitarbeitern, die mir stets mit Rat und Tat zur Seite standen. Nach spannenden fünf Wochen im Bundestag möchte ich mich herzlich bei Thorsten Frei und seinem Team für die tolle Zeit und die neuen und interessanten Einblicke bedanken.