Das junge Format „Jetzt red i“ wurde vom Niedereschacher CDU-Verband unter dem Vorsitzenden Max Fauler bei einer Diskussionsrunde in der Firma „Jäckle und Flaig“ fortgesetzt. Thorsten Frei MdB, Karl Rombach MdL und Bürgermeister Martin Ragg standen Rede und Antwort.
Stichwort Wohnungsbau: Harsche Kritik äußerten die Unternehmer an immer schärferen Baugesetzen und Auflagen. Allein der Bodenaushub koste wegen angeblicher Belastung zur Deponierung Unsummen. Auch der erforderliche Anteil an regenerativer Energie beim Einbau von Heizungen sei übertrieben. Hohe Anschaffungskosten und höhere Betriebskosten durch hohe Stromkosten – das sei doch nicht im Sinne des Erfinders? „Da wird nur Geld verbrannt“, wurde kritisiert. Die Landesverordnung beinhalte inzwischen so viele Regelungen und Forderungen, dass das Bauen immer teurer werde. Die Städte sollten hier mehr regeln dürfen, forderte Rombach. Allgemein wird befürchtet, dass Investoren immer weniger in den Wohnungsbau gehen, da hier durch die Verteuerungen die Renditen schmelzen lassen und das Bauen aus finanzieller Sicht keinen Spaß mehr mache. Die vielen fehlenden Wohnungen würden diese Einschätzung spiegeln. Vom neuen Baukindergeld erwartet sich Thorsten Frei immerhin einen Schub für die hierzulande schlechte Eigentumsquote. Bürgermeister Martin Ragg kritisierte die immer schwieriger werdenden Möglichkeiten für die Kommune, Bauland für Wohnhäuser und Gewerbe auszuweisen.
Stichwort Apotheken: Diese stehen durch den Internethandel stark unter Druck: Hier müsse die Politik eingreifen, um die beispielsweise noch gute Versorgung der Menschen mit Ärzten und einer Apotheke zu sichern. „Ist die Apotheke weg, werden auch die Ärzte gehen“, ist sich der Bürgermeister sicher. Thorsten Frei kritisierte die ungleichen Marktchancen. Man dürfe die Leistungen der Apotheken für die Gesundheit der Menschen nicht leichtfertig aufs Spiel setzen.
Stichwort Fachkräftemangel: Die alternde Gesellschaft sorgt für massiven Mitarbeitermangel in den Unternehmen. Mehr Betreuungsangebote würden sicherlich mehr Frauen in den Beruf bringen, ist sich Thorsten Frei sicher. Ein großer Fehler sei gesellschaftspolitisch gesehen die abschlagsfreie Rente mit 63 mit Blick auf die längere Lebenserwartung gewesen. Vor 20 Jahren habe diese noch bei durchschnittlich 10 Jahren nach dem Renteneintritt betragen. Heute seien es 18 Jahre bei Männern und 21 Jahre bei Frauen. An einer längeren Lebensarbeitszeit werde man nicht herumkommen, denn die Rente für die starken Jahrgänge könnten die geburtenschwachen Jahrgänge sicherlich nach dem Status quo nicht aufbringen.
Stichwort Zuwanderung: Um den Mangel an Mitarbeitern in vielen Berufszweigen, etwa der Pflege, bekämpfen zu können, müsse man jährlich etwa 300 000 bis 400 000 Menschen in den Arbeitsmarkt zuwandern lassen, meint Frei. Ein entsprechendes Gesetz strebe die Koalition an. Das Zuwanderungsmodell „PuMa“ sei dagegen ins Leere gesprungen, kritisierten die Arbeitgeber in der Runde, weil viele angeworbene Kräfte wieder heimkehrten. Größer sei die Chance für ein Halten bei ausländischen Studenten, die Interesse an Deutschland hätten, meinte Aasens Unternehmer Horst Hall.
Stichwort Ärztemangel: Glücklich ist auf dem Land niemand über schließende Praxen dennoch: „Wir bilden derzeit so viele Ärzte aus wie nie zuvor, unterstützen sogar jene, die sich nach dem Studium für eine Landarztpraxis entscheiden. Wir können ein Abwandern nach Großbritannien, in die Schweiz oder Skandinavien nicht verhindern. Und die Zahl täuscht darüber hinweg, dass heute mehr Frauen studieren, wegen der Familienplanung aber an einer Vollbeschäftigung kein Interesse haben. Das sorgt für Engpässe in der Versorgung. Das Ganze verschärft sich durch Konzentrationen wie in Villingen-Schwenningen. Hier haben wir 300 niedergelassene Ärzte und nochmals so viele im Klinikum, auf dem Land sieht es dagegen nicht so gut aus, zumal in den nächsten Jahren weitere Praxen aus Altersgründen schließen werden.“
Stichwort Digitalisierung: Wird Deutschland technologisch abgehängt und etwa von Asien überholt? Nein, meint Thorsten Frei. „Wir sind gut unterwegs. Der Wandel ist bereits in vollem Gange, ohne wäre das Wachstum der letzten Jahre mit Blick auf den Fachkräftemangel nicht möglich gewesen. Knapp drei Prozent des Bruttoinlandprodukts wird in Deutschland in Forschung und Entwicklung investiert. Um weitere 0,5 Prozentpunkte sollen die Investitionen bundesweit in den nächsten Jahren steigen. Damit liegen wir international mit an der Spitze. In Baden-Württemberg liegt der Anteil sogar bei 4,4 Prozent und in der Region dürfte er noch höher liegen, weil die Industrie hier überproportional viel Geld für die Entwicklung geben.“ An zukunftsträchtigen Themen wie Künstliche Intelligenz, über die Maschinen miteinander kommunizieren werden, werde an der Hochschule in Furtwangen mit Nachdruck gearbeitet. Damit dieser hohe Anteil bleibt, rund zwei Drittel der Mittel für Forschung und Entwicklung trägt die Wirtschaft, sollte man Forschungsgelder steuerlich absetzbar machen, empfiehlt Frei.