Seit Monaten gibt es Forderungen, das Islamische Zentrum in Hamburg zu schließen. Es müsse nun endlich etwas geschehen, sagt Thorsten Frei im heute erschienen Interview mit Helene Bubrowski von der F.A.Z. Dieses können Sie nachfolgend in voller Länge lesen:
FAZ: Herr Frei, Teherans langer Arm reicht bis nach Deutschland. Iranische Oppositionelle werden auch hierzulande bedroht. Müssen wir da tatenlos zusehen?
Thorsten Frei: Wir haben es mit einem verbrecherischen Regime in Iran zu tun, das massiv gegen die eigene Bevölkerung agiert. Unsere Möglichkeiten sind begrenzt, aber selbst die, die wir haben, werden nicht genutzt. Das Islamische Zentrum Hamburg, das die Blaue Moschee betreibt, ist weiter geöffnet. Dieses Zentrum ist der Nukleus für Spionage und Propaganda des iranischen Regimes in Deutschland.
FAZ: Es wird seit Jahren vom Verfassungsschutz beobachtet.
Thorsten Frei: Ja, aber das reicht nicht. Es muss geschlossen werden. Die Verfassungsschutzbehörden haben mittlerweile genügend Informationen, die beweisen, dass das Zentrum die iranische Terrororganisationen und Terrorfinanzierung unterstützt. Schon im Oktober, kurz nach dem Tod von Masha Amini, hat die Unionsfraktion die Schließung gefordert. Die Ampel-Koalition hat einen Monat später das Bundesinnenministerium aufgefordert zu prüfen, wie und unter welchen Umständen das Islamische Zentrum geschlossen werden kann. Gleichwohl ist nichts passiert.
FAZ: Haben Sie eine Erklärung dafür?
Thorsten Frei: Nein. Das ist absolut unverständlich. Natürlich weiß ich, dass es immer schwierig ist, über Vereinsverbote zu sprechen, bevor man sie erlässt. Aber hier haben wir wirklich einen ganz klaren Fall. Die Informationen sind da, und trotzdem gibt es keine Entscheidung. Und schlimmer noch: Es gibt offenbar sogar Formen der Zusammenarbeit. Das Bundesinnenministerium geht davon aus, dass das Islamische Zentrum Hamburg immer noch Mitglied im Zentralrat der Muslime ist, mit dem die Bundesregierung im Rahmen der Islamkonferenz eng zusammenarbeitet. Das ist empörend. Verfassungsfeinde dürfen keine Partner des Staates sein.
FAZ: Der Fokus der Sicherheitsbehörden lag zuletzt auf Rechtsextremismus und Reichsbürgern. Befürchten Sie, dass der Islamismus nicht die nötige Aufmerksamkeit bekommt?
Thorsten Frei: Ja. Rechtsextremismus, Linksextremismus und Islamismus sind Formen der Bedrohung unseres demokratischen Rechtsstaats,keine darf unterschätzt und ihre Bekämpfung vernachlässigt werden. Wir brauchen einen 360-Grad-Blick gegenüber allen Gefahren für unseren Rechtsstaat, nicht nur bei den Verfassungsschutzbehörden, sondern auch bei der politischen Führung. Die Aktivitäten des Zentrums in Hamburg liegen im Bereich des islamistischen Terrorismus. Deshalb muss die Bundesinnenministerin handeln.
FAZ: Manche Ihrer Parteifreunde warnen nicht nur vor Islamismus, sondern vor dem „politischen Islam“. Begründet dieser Begriff nicht einen pauschalen Extremismusverdacht gegen Muslime?
Thorsten Frei: Nein, der Begriff gestattet zunächst eine Differenzierung und ist deshalb hilfreich. Er macht darauf aufmerksam, dass eine Religion nicht nur eine transzendente, sondern auch eine politische Dimension haben kann. Von einem „Ismus“, das heißt einer Herrschaftsordnung, die im Falle des politischen Islamismus einen fundamentalen Gegenentwurf zu Demokratie, Pluralismus und individuellen Freiheitsrechten darstellt, ist das noch weit entfernt. Ich glaube nicht, dass man das verwechseln muss.
FAZ: Sprechen wir noch über Migration. Haben Sie sich vom Flüchtlingsgipfel im Bundesinnenministerium mehr erhofft?
Thorsten Frei: Die Bilanz des Flüchtlingsgipfels ist äußerst bescheiden. Sie beschränkt sich darauf, dass sich der Bundeskanzler mit den Ländern an Ostern über die finanziellen Fragen unterhält und dass bis dahin vier Arbeitskreise eingesetzt werden. Dabei muss es doch jetzt darum gehen, die Kommunen in der angespannten Situation zu unterstützen. Im vergangenen Jahre sind mehr Menschen nach Deutschland gekommen als in den Jahren 2015 und 16 zusammen. Dafür braucht es Geld. Aber es braucht noch mehr als das. In Deutschland fehlen 700.000 Wohnungen, es fehlt an Kinderbetreuung, an Plätzen in der Schule, an Kapazitäten im Gesundheitssystem. Wir haben hier eine vielfache Überforderung.
FAZ: Was ist Ihr Lösungsvorschlag?
Thorsten Frei: Wie wollen weiterhin diejenigen unterstützen, die unserer Hilfe bedürfen, die vor Krieg, vor Vertreibung, vor Verfolgung fliehen. Aber das bedeutet eben auch, dass man den Anspruch nicht aufgeben darf, zu ordnen und zu begrenzen Wir müssen Maßnahmen gegen den illegalen Teil der Migration ergreifen. Und wenn Sie sich anschauen, was die Bundesregierung in den vergangenen Monaten im Migrationsrecht gemacht hat, dann muss man sagen: Das einzige, das mir im Bereich der Ordnung einfällt, ist die Ernennung eines Beauftragten. Ansonsten geht von allen Gesetze und Initiativen die Botschaft in die Welt aus: Wer es einmal nach Deutschland geschafft hat, kann und darf bleiben, ungeachtet der Frage, ob er schutzbedürftig ist. Die Bundesinnenministerin ist die Ministerin in Deutschland, die den größten Einfluss auf das Ausmaß und die Gestaltung der Migration hat. Es ist einfach zu wenig, wenn sie in diesem Amt ihre eigene Ohnmacht vortäuscht, indem sie den illegalen Teil der Migration durch den Hinweis zu eskamotieren sucht, die große Mehrheit der Schutzsuchenden seien Ukrainer.
FAZ: Sie klingen ganz ähnlich wie das Memorandum der Verts-Realos, einer grüne Gruppe um Boris Palmer. Passt der Tübinger Oberbürgermeister besser in Ihre Partei?
Thorsten Frei: Die Frage muss er beantworten. Aber dieser Vorstoß ist realpolitisch, ein sehr, sehr guter Ansatz. Es verwundert nicht, dass einige Kommunalpolitiker unter den Unterzeichnern sind. Es ist das erste Mal, dass Grüne nicht blauäugig und naiv mit diesem Thema umgehen, sondern sehr klar die Probleme sehen und Lösungsvorschläge machen. Leider hat es zu dem Papier bei den Grünen null Komma null Zustimmung gegeben. Es formuliert das Gegenteil dessen, wofür sich die Partei immer eingesetzt hat.
