Gespräch bei der AOK

Wir bilden so viele Ärztinnen und Ärzte aus wie noch nie. Die Frage, die sich stellt, ist jedoch, wie können wir diese für eine Tätigkeit im ländlichen Raum gewinnen“, sagte der Bundestagsabgeordnete Thorsten Frei bei seinem Besuch bei der AOK Schwarzwald-Baar-Heuberg am vergangenen Montag. Klaus Herrmann, der Geschäftsführer der AOK, erörterte gemeinsam mit den Vorsitzenden des Bezirksrates, Roland Eckhardt und Oliver Böhme, sowie dem Vorsitzenden des CDA, Gottfried Schmidt, aktuelle Herausforderungen im Gesundheitswesen.
Die kürzlich von der Landesregierung beschlossene Landarztquote – zusätzliche Medizinstudienplätze, mit der Verpflichtung nach Abschluss des Studiums als Hausärztin oder Hausarzt im ländlichen Raum tätig zu sein – sei zwar eine begrüßenswerte Idee, allerdings greife diese erst in der Zukunft, so Frei. „Deshalb sind jetzt bereits Lösungen gefragt, gefordert, die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum sicherzustellen. Dazu zähle ich etwa den verstärkten Einsatz von medizinischem Personal mit entsprechenden Qualifikationen für Anwendungen, die den Arzt entlasten können“, meinte der Abgeordnete weiter.
Dies sehen die AOK-Experten ebenso, denn rund ein Drittel der praktizierenden Ärzte sei bereits 60 Jahre und älter. „Für diese Herausforderung sind wir hier bei uns in der Region gut aufgestellt. Nicht zuletzt durch die hausarztzentrierte Versorgung im Zusammenspiel mit den Versorgungsassistentinnen und -assistenten in den Hausarztpraxen (VERAH)“, so Klaus Herrmann, Geschäftsführer der AOK Schwarzwald-Baar-Heuberg. Der Einsatz der VERAH’s sei, so der AOK-Chef, eine echte Win-Win Situation – für die Ärzte, die mit den speziell ausgebildeten Assistentinnen und Assistenten qualifizierte Fachkräfte an der Seite haben und für die Versicherten, die sich mit der Versorgung durch die VERAH’s sehr zufrieden zeigen. „Ergänzt durch digitale Möglichkeiten, ist dies ein erfolgversprechendes Zukunftsmodell“, betont Herrmann. „Richtung Digitalisierung könnten wir allerdings noch viel mehr auf den Weg bringen. Um unser Know-how und unsere Innovationskraft im Bereich der Digitalisierung zu entfalten, benötigen wir jedoch von der Politik einen Rahmen, in dem wir uns bewegen können. Diesen haben wir derzeit jedoch nicht.“
Mit Besorgnis wiesen die Experten auf die finanzielle Entwicklung der Krankenkassen hin. „Unser Anspruch ist es, die gleichbleibende Qualität der Versorgung und die Beiträge für unsere Versicherten sicherzustellen. Genau dafür haben wir finanzielle Rücklagen gebildet, die uns nun entnommen wurden und nicht mehr vorhanden sind – in Summe sind dies 2021 allein für die AOK Baden-Württemberg 620 Mio. Euro, um das finanzielle Loch des Gesundheitsfonds teilweise zu stopfen. Wir wollen keine Jo-Jo-Entwicklung mit sich ständig ändernden Beiträgen und Leistungen. Wir brauchen ein stabiles Gesundheitswesen, um für die Zukunft nachhaltig vorbereitet zu sein. Deshalb benötigen wir eine verlässliche und ganzheitlich denkende und agierende Gesundheitspolitik“, so unisono die beiden Vorsitzenden des Bezirksrates. Dem pflichtete Thorsten Frei bei: „Wir haben in Baden-Württemberg unsere Hausaufgaben mit Konzentrationen in der Kliniklandschaften gemacht. Nun für Versäumnisse in anderen Bundesländern finanziell geradezustehen, ist nicht akzeptabel.“