Die fehlende Unterstützung bei der Unterbringung von Flüchtlingen, wachsende bürokratische Hürden und fehlendes Personal sind die Themen, die die Kommunen derzeit besonders belasten. Dies wurde beim Besuch von Thorsten Frei in Furtwangen im Gespräch mit Bürgermeister Josef Herdner, Amtsleitern und Gemeinderäten einmal mehr deutlich.
Josef Herdner betonte, dass die Hilfsbereitschaft für ukrainische Bürger in seiner Stadt durch die Beziehungen zur ukrainischen Partnerstadt Wylkowe möglicherweise besonders groß sei, doch auch diese sei begrenzt, die Wohnraumressourcen inzwischen erschöpft. Er kritisierte, dass der Bund die Kommunen mit dem Problem allein lasse.
Aktuell zählt Furtwangen 250 ukrainische Flüchtlinge und 50 aus anderen Nationen. Der Bürgermeister rechnet mit weiteren Zuweisungen. Er müsste aber hierfür Wohncontainer aufstellen lassen. Hier kritisierte Herdner, dass das Land das Aufstellen von Wohncontainern fördere, nicht aber den Ankauf von bestehendem Wohnraum. Letzterer sei für eine gute Integration viel besser.
Mit Containern sei es aber nicht getan: „Hätten wir vor Ort nicht so viele freiwillige Helfer, hätten wir das bislang Geschaffte mit unserem Personal nie erreichen können.“ Vor allem für den Sprachunterricht müsse mehr getan werden, um die Menschen auch in den Arbeitsmarkt schneller integrieren zu können. Hier hat Furtwangen ebenfalls Vorbildliches geleistet: Mit technischer Unterstützung der Hochschule und über digitale Lernprogramme und Kontakte zum Deutschen Kulturzentrum Bayerisches Haus in Odessa wird seit April 2022 Deutschunterricht ganz ohne Lehrer angeboten. Thorsten Frei betonte zur Flüchtlingssituation im Land, dass „wir im Land zu Zahlen kommen müssen, die wir auch bewältigen können. Es macht in einer Stadt wie Furtwangen schon etwas aus, ob man 100 oder 1000 Menschen integrieren muss“. Außerdem könnten die Kommunen nicht dauerhaft im Krisenmodus arbeiten.
Ein weiteres Schwerpunktthema des Besuchs waren die wachsende Bürokratisierung und nicht immer nachvollziehbare Vorschriften. Beide belaste die Kommunen angesichts des wachsenden Personals zunehmend. Hierfür lieferte Bürgermeister Herdner auch ein Beispiel: „Ich muss jetzt eine Betreuungsperson für wenige Stunden finden, die die Kinder der Grundschule in der Mensa beim Essen betreut. Hier sind zwar schon Betreuerinnen der Kita mit ihren Kindern. Diese dürfen die Schüler aber nicht beaufsichtigen.“ Hier betonte Thorsten Frei, dass es beim Land wie beim Bund einen Umdenkprozess geben müsse. Solche Vorschriften würden die finanziellen Spielräume der Kommunen nicht nur einengen, sondern angesichts des Personalmangels vor ein echtes Problem stellen.
Personal fehlt auch Geschäftsführer Thomas Kaltenbach, dessen Unternehmen Oskar Herr Antriebstechnik im Rahmen des Stadtbesuchs besichtigt wurde. Das Unternehmen hat vor zwei Jahren den Sprung aus dem Altgebäude in der Stadt ins Interkommunale Gewerbegebiet gewagt und beschäftigt hier 30 Mitarbeiter, hauptsächlich Mechaniker. Kaltenbach betonte beim Rundgang, dass es inzwischen sehr schwer sei, neue Mitarbeiter zu finden. Vor allem Schulabgängern, die sich bei ihm vorstellen, würden oft einfache Basiskenntnisse fehlen. Unglücklich findet er auch die Kriterien für öffentliche Zuschüsse. „Welchen Sinn haben diese, wenn ich die erhoffte Fördersumme in zusätzliche Vorgaben, Gutachten und Beratung investieren muss?“ In diesem Bereich wünscht sich auch Thorsten Frei eine einfachere Struktur, damit Fördergelder ihrem Zweck dienen können. Ein Musterbeispiel sei die kombinierte Förderung von Bund und Land für den Glasfaserausbau.