Zu den heute veröffentlichten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs in verschiedenen europäischen Vorabentscheidungsverfahren zur Vorratsdatenspeicherung (C-511/18 u.a., C-520/18, C-623/17) erklärt der Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei:
„Die heutigen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs bleiben nach der Pressemitteilung hinter den Hoffnungen zurück. Wenn die Urteile vorliegen, müssen wir prüfen, ob sie wirklich im Kampf gegen Kriminalität im Netz helfen. Ich hoffe, dass der Gerichtshof sich bei Betrachtung der deutschen Regelung hier weiter öffnet.
Denn der Gerichtshof lässt zwar eine erste vorsichtige Abkehr von seiner extrem datenschutzfreundlichen Linie erkennen. Er lässt nun zumindest bei Gefahren für die nationale Sicherheit für einen speziell festgelegten Zeitraum Vorratsdatenspeicherungen zu. Allerdings hält der Gerichtshof bei schweren Verbrechen im Netz wohl nach wie vor an der nur begrenzten Datenspeicherung fest. Sobald das Urteil vollständig vorliegt, müssen wir prüfen, welche Möglichkeiten wir den Ermittlern angesichts dieser Maßgaben an die Hand geben können.
Die Vorratsdatenspeicherung ist das mit Abstand wirksamste Mittel, damit Polizei und Staatsanwaltschaft gegen Kinderschänder und organisierte Kriminalität im Netz vorgehen können. Dieses Ermittlungsinstrument ist in Deutschland zwar geltendes Recht. Die Vorratsdatenspeicherung ist aber wegen der Entscheidung des EuGH, mit der er 2016 die anlasslose Vorratsdatenspeicherung in Schweden verwarf, ausgesetzt. Gerade für die Bekämpfung von sexuellem Kindesmissbrauch und Kinderpornografie ist das ein herber Rückschlag: Allein 2017 konnten 8.400 Hinweise auf Sexualstraftaten gegen Kinder von deutschen Behörden nicht weiterverfolgt werden, weil die Verbindungsdaten schon gelöscht waren. Ermittler berichten, dass sie unmittelbar gefährdete Kinder im Netz sehen, ihnen aber nicht helfen können, weil die Spuren der Täter schon getilgt wurden.
Wer Kinderschändern, kriminellen Banden und Cyberstraftätern das Handwerk legen will, kommt an diesem wirklich ganz zentralen Instrument nicht vorbei. Es ist zu hoffen, dass der EuGH dies in seine Überlegungen einbezieht und nach dieser ersten vorsichtigen Öffnung die deutsche Regelung zügig akzeptiert. Es braucht überdies eine moderate Anhebung der Speicherfristen auf sechs Monate, wie es Minister Seehofer vorgeschlagen hat – und zwar nur begrenzt auf IP-Adressen und Portnummern, damit keine Bewegungsprofile erstellt werden können.“