Deutsche Richterzeitung: Hinweisgeberschutz mit Augenmaß

Meinungsbeitrag in der Deutschen Richterzeitung (DRiZ 12/21):
von Thorsten Frei 
Bei der Umsetzung der im Oktober 2019 verabschiedeten EU-Hinweisgeberschutzrichtlinie kommt es entscheidend darauf an, ein gutes Gleichgewicht zwischen dem Schutz von Whistleblowern und berechtigten Interessen der Unternehmen in Deutschland zu erreichen. Hieran sind die Gespräche der großen Koalition in der 19. Wahlperiode gescheitert. Ausdrücklich vorgeschrieben ist den Mitgliedstaaten nur, dass sie Hinweisgeber schützen, die Verstöße gegen bestimmtes, näher aufgeführtes EU-Recht melden. Nach den Erwägungsgründen der Richtlinie sind dies Bereiche, die erhebliche Risiken für das Allgemeinwohl bergen, indem sie ernsthafte Gefahren für das öffentliche Interesse schaffen. Eine Übertragung in das innerstaatliche deutsche Recht muss diese Zielsetzung im Blick halten.
Demgegenüber hätten die Vorschläge, die das Bundesjustizministerium in der vergangenen Wahlperiode vorgelegt hatte, zu einer überschießenden Umsetzung der Richtlinie geführt. Dies aber würde nicht nur die ohnehin schon von der Corona-Krise schwer getroffenen Unternehmen jetzt noch vor weitere erhebliche Belastungen stellen. Vor allem würde eine überzogene Umsetzung die Unternehmenskultur in Deutschland grundlegend ändern. Denn der Hinweisgeberschutz darf weder zum Instrument der Denunziation für unzufriedene Arbeitnehmer zweckentfremdet werden noch sollte mit ihm Unfrieden in die Unternehmen getragen und einer Kultur der gegenseitigen Überwachung Vorschub geleistet werden.
Das Umsetzungsgesetz muss also, wenn es überhaupt auch über Rechtsverstöße gegen Europarecht hinausgehen soll, jedenfalls mit Augenmaß ausgestaltet werden. Ich hielte es für sinnvoll, wenn Hinweisgeber dann geschützt würden, wenn sie im Einzelfall schwerwiegende Strafrechtsverstöße im Unternehmen melden. Allerdings wäre es zu weitgehend, wenn jegliche Ordnungswidrigkeit erfasst würde. Denn Schutzzweck des Gesetzes ist es nicht, etwa einen Hinweisgeber zu schützen, der einen Kollegen wegen einer geringen Geschwindigkeitsübertretung anzeigt.
Auch hielte ich es für schwer vorstellbar, wenn künftig jeglicher Bagatellverstoß gegen eine Norm, zum Beispiel gelegentliche Überschreitungen der Arbeitszeit, einen entsprechenden Schutz für den Hinweisgeber auslösen würde. Hier braucht es eine Erheblichkeitsschwelle. Denn sonst lägen Missbrauchsmöglichkeiten auf der Hand: Nahe läge, dass künftig jede Arbeitsrechtskanzlei standardmäßig beim Erstgespräch abfragen würde, ob denn im Betrieb irgendetwas im Argen liegt – mit dem Ziel einer Beweislastumkehr im Arbeitsschutzprozess.
Des Weiteren muss – wie die Richtlinie es auch vorsieht – bei der Umsetzung ins deutsche Recht ein Anreiz geschaffen werden, dass der Arbeitnehmer vorrangig auf eine interne Meldestelle zugeht. Nur so können Missstände im Unternehmen zügig erkannt und unternehmensintern ohne unnötigen bürokratischen Aufwand gelöst werden. Schließlich darf das Hinweisgeberschutzrecht nicht als Vehikel genutzt werden, um sich aus einem eigentlich rechtmäßig befristeten Vertrag in ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis einzuklagen.
Diese zentralen Punkte gilt es zu beachten, wenn in Zukunft den Arbeitnehmern in Deutschland neben dem schon geltenden Schutz, so etwa über betriebsinterne Compliance-Regelungen oder die Möglichkeit einer anonymen Strafanzeige, ein weiteres Instrument an die Hand gegeben wird, um im Interesse der Allgemeinheit schlimme Missstände aufzudecken.

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