Mit Sylvia Scholz, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Rottweil-Villingen-Schwenningen, hat sich Thorsten Frei bei einem Besuch in der Agentur in Villingen-Schwenningen über den sich erholenden Arbeitsmarkt in der Region, den bevorstehenden Transformationsprozess der Wirtschaft und den Fachkräftemangel in allen Branchen unterhalten.
Seit zwei Jahren leitet Sylvia Scholz nun die Agentur und bedauert vor allem, dass sie angesichts der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Einschränkungen bisher nur einige der geplanten Aufgaben zur Verbesserung der Arbeitsmarktsituation angehen konnte. „Was wir zu den Themen Transformation oder Qualifikation auch vorhaben, stets kommt uns Corona dazwischen“, meinte sie. Auch die Arbeitsvermittlung sei schwierig. Aktuell gilt für den Zutritt zum Gebäude 2G: „Wir wollen Beratungen aber in Präsenz unbedingt beibehalten, denn der persönliche Kontakt zu den Arbeitssuchenden ist uns sehr wichtig, aber entsprechend erschwert.“
Thorsten Frei ist angesichts der guten Zahlen, aktuell liegt die Arbeitslosenquote in der Region bei niedrigen 3,1 Prozent, dennoch überzeugt, dass im Jobcenter eine sehr gute Arbeit gemacht werde. Dabei könnte die Quote noch deutlich niedriger liegen, zumal viele offene Stellen nicht besetzt werden können und im September viele Ausbildungsplätze mangels Bewerber unbesetzt blieben.
Ein wachsendes Problem für die Region sei, so Scholz, der Facharbeitermangel: „Wir benötigen dringend Fachkräfte sowohl im Handwerk wie auch in der Industrie.“ Diesen Mangel zu beheben sei allerdings nicht so einfach, zumal auch der Wohnungsmarkt in der Region inzwischen angespannt sei. Dem stimmte Thorsten Frei zu und ergänzte: „Wir haben in der Kombination ländlicher Raum und wirtschaftsstarke Region eindeutig das Nachsehen gegenüber dem Ballungsraum Mittlerer Neckar um Stuttgart, obwohl wir hier sehr gute und innovative Unternehmen und Arbeitsplätze haben.“ Er machte in diesem Zusammenhang deutlich, dass der wirtschaftliche Erfolg der Region ohne die Automatisierung in den vergangenen Jahren mangels Mitarbeitern kaum möglich gewesen wäre.
Man sei angesichts der schwachen Geburtenjahrgänge auch in den nächsten Jahren auf Zuwanderung angewiesen, waren sich Scholz und Frei einig. Dabei dürfe man aber vor allem die Langzeitarbeitslosen im Land nicht vergessen. Qualifikation sei der Schlüssel zum dauerhaften Erfolg im Arbeitsleben. Leider, so die Agenturchefin, würden viele den beschwerlicheren Weg der Ausbildung abbrechen, wenn sich eine Alternative in einer Fabrik auftue.
Einige Problem auf die Region zukommen sehen Frei und Scholz mit Blick auf den technologischen Wandel, vor allem in der Automobilindustrie. Unternehmen, die als Zulieferer für Verbrennermotoren groß wurden, müssten sich für eine sichere Zukunft auf neue Geschäftsmodelle konzentrieren.
Eine Aufgabe, die Sylvia Scholz ohne Pandemieeinschränkung mittels Gesprächen mit Handwerksunternehmen schon längst in Angriff genommen hätte, wäre das Thema Frauen im Handwerk. „Viele Betriebe bieten immer noch keine oder nur wenige Teilzeitangebote. Hier sollte angesichts des Mangels an Fachkräften ein Umdenken stattfinden. Gäbe es hier mehr Flexibilität, etwa auch bei den Arbeitszeiten, wäre die Arbeit im Handwerk auch für Frauen gewiss attraktiver.“