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13 MONATE BOMBEN AUF ALEPPO WERDEN DEN KRIEG IN SYRIEN NICHT BEENDEN

Der Krieg in Aleppo steuert mit der Offensive Assads auf eine Entscheidung zu und erreicht mit Blick auf die humanitäre Lage gleichzeitig einen traurigen Höhepunkt. Die Entwicklungen und das unbeschreibliche Leid der Zivilbevölkerung wurden heute im Rahmen einer aktuellen Stunde im Deutschen Bundestag debattiert.

Thorsten Frei skizzierte in seiner Rede für die CDU/CSU-Fraktion die katastrophalen Zustände. "Zehntausende Menschen sind in den vergangenen Tagen aus der Stadt geflohen und dennoch allein im Osten von Aleppo leben immer noch mehr als eine viertel Million Menschen unter entsetzlichen Bedingungen. Kein einziges Krankenhaus ist mehr in Betrieb. Die Nahrungsmittelvorräte sind seit nunmehr zwei Wochen aufgebraucht. Und an Nachschub des World Food Program oder von den Ärzten ohne Grenzen ist nicht zu denken". Traurige Gewissheit ist für ihn, dass daran wohl auch die jüngsten Bemühungen der Vereinten Nationen und eilig einberufene Sicherheitsratssitzungen nichts ändern werden. Eine von vielen Seiten geforderte humanitäre Waffenpause ist angesichts Assads "Oberhand" derzeit wohl nicht zu erwarten.

Für Thorsten Frei zeigt sich am Beispiel Aleppos schonungslos das Kollektivversagen der Internationalen Staatengemeinschaft, allen voran Europas. "Dass die USA aufgrund mangelnder räumlicher Nähe und fehlender innenpolitischer Interessen keinen echten Masterplan für Syrien haben, kann man ihnen vorwerfen", so Frei. Viel entscheidender aber ist für ihn, dass "wir Europäer im Falle Syriens als stille Beobachter bis heute im Wesentlichen am Spielfeldrand gestanden haben" und das obwohl die Region unmittelbar an Europa grenzt und die Auswirkungen des fast 6-jährigen Bürgerkriegs mit Millionen Flüchtlingen unmittelbar unser Land betreffen und die Grundfeste der Europäischen Union erschüttern.

Für ihn bedeutet das im Umkehrschluss nicht, dass Deutschland militärisch in Syrien hätte eingreifen können. Dafür fehlt es sicherlich auch an Kapazitäten. Aber Deutschland und seine europäischen Partner hätten frühzeitig ernsthafte und eindeutige Alternativen im Sinne unserer Interessen entwickeln müssen und diese mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln verfolgen müssen. Heute aber könne man nur noch zusehen, wenn Russland und Iran das Geschehen diktieren und Assad wieder fest im Sattel säße.

Am Ende kam der Abgeordnete des Wahlkreis Schwarzwald-Baar / Oberes Kinzigtal auf die Rolle Europas zurück. "Ich habe das Verständnis, dass wir als Verbund von Staaten mit mehr als 500 Millionen Bürgern und einer einzigartigen Wirtschaftskraft in der Lage sein müssen, unsere Interessen frühzeitig zu benennen und überzeugend zu vertreten - gerade wenn sie uns mehr oder minder direkt tangieren". Diese Notwendigkeit trifft auf Syrien zu, aber auch im Hinblick auf das Gebaren Russlands an den Grenzen Europas und in einzelne Mitgliedsstaaten hinein. Die Staffelübergabe im Weißen Haus, die neben dem EU-Austritt Großbritanniens, für Unsicherheit und eine echte Schwächung sorgt, ist für ihn ein weiterer Katalysator notwendiger Entwicklungen. "Wir sollten die bisherigen Äußerungen vom gewählten US-Präsidenten Donald Trump sehr ernst nehmen und unsere äußere Wehrhaftigkeit stärken - unabhängig von den tatsächlichen Entwicklungen in Washington. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass Europa ein starkes zweites Standbein der NATO ist. Zunächst müssen wir in Deutschland unsere Hausaufgaben machen und unsere Kapazitäten stärken", lautet sein Fazit der Rede. Darüber hinaus brauchen wir mehr europäische Zusammenarbeit, wenn es gilt, gemeinsam Interessen zu vertreten und universelle Werte zu verteidigen. Auch die Stärkung der Cyberabwehr und unserer Nachrichtendienste muss ganz oben auf der Agenda stehen. Wir müssen dafür sorgen, dass wir zumindest in unserer Einflusssphäre ernst genommen werden. Sonst sind unsere Überzeugungen und Werte in der Zukunft nichts mehr wert.

Hier finden Sie die Rede in voller Länge