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Thorsten Frei in Kamerun: Anglophone Krise dort berührt auch deutsche Interessen

„Terrorgefahren durch Boko-Haram im Norden an der Grenze zu Nigeria und Tschad. Große ethnische und regionale Diversität, daraus resultierende Sezessionsbestrebungen im anglophonen Westen und Gewaltexzesse auf beiden Seiten sorgen für größte innen- und sicherheitspolitische Spannungen. Und dazu kommt noch eine von einem greisen Präsidenten schlecht geführte Regierung“, skizziert Thorsten Frei die schwierige Lage in Kamerun.

Frei befindet sich derzeit mit einer Delegation des Unterausschusses Zivile Krisenprävention, Konfliktbearbeitung und vernetztes Handeln des Auswärtigen Ausschusses in Kamerun, um sich vor Ort über mögliche Wege aus der komplexen Konfliktlage des Landes zu informieren und zu erfahren, wie ein Friedensprozess von internationaler Seite unterstützt werden könnte.

Dies ist aus seiner Sicht dringend notwendig, da sich neben knapp 300.000 Binnenflüchtlingen weitere etwa 350.000 Flüchtlinge aus Zentralafrika und Nigeria im Land befinden. „Das verstärkt die ohnehin angespannte Ernährungsunsicherheit in Teilen der Bevölkerung weiter. Kamerun rutscht in Richtung „failed state“ ab“, so Frei in seiner Analyse der Lage vor Ort. „Diese negativen Entwicklungen in Kamerun berühren auch deutsche Interessen. Wir haben kein Interesse, dass Menschen dort fliehen müssen und zu uns kommen. Schon heute kommen viele Menschen aus West- und Zentralafrika auf der Suche nach besseren wirtschaftlichen Perspektiven zu uns. Durch eine zunehmende Instabilität in Kamerun und der gesamten Region könnten diese Bewegungen weiter gestärkt werden. Deshalb ist es richtig, dass Deutschland sich dort als Mittler, Unterstützer und als Geber für eine Entspannung der Lage einsetzt.“

Seit zwei Jahren erschüttert die so genannte „anglophone Krise“ die kamerunische Gesellschaft. Was mit Protesten von Lehrern und Anwälten und Demonstrationen der Bevölkerung gegen die Benachteiligung der englischsprachigen Kameruner in den westlichen Provinzen begann, entwickelte sich im Verlauf weniger Monaten zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Separatisten und der Regierung mit zahlreichen Toten, Verletzten, niedergebrannten Dörfern und tausenden Binnenflüchtlingen. Die Regierung hat bislang keine wirksamen Wege eingeschlagen, den Konflikt zu entschärfen und der englischsprachigen Bevölkerung entgegenzukommen.

Beobachter sind überzeugt davon, dass die weit überwiegende Mehrheit der englisch- wie der französischsprachigen Bevölkerung ein Ende der Kämpfe und für ihr Land Frieden und Versöhnung will. Dringend notwendig wäre es, Personen und Gruppen zu identifizieren, die in der Bevölkerung das Vertrauen genießen, einen Friedens- und Versöhnungsprozess zu begleiten.

Die Delegation wird mit Regierungsvertretern und Parlamentariern sowie Repräsentanten von EU und VN zusammentreffen, Gespräche mit religiösen Würdenträgern führen, lokale Versöhnungsprojekte besuchen, mit Menschenrechtsverteidigern und Vertreterinnen von Frauenfriedensgruppen sprechen, Community Medien und weitere Projekte des von Deutschland unterstützten Friedensdienstes kennenlernen und in ein Lager für Binnenflüchtlinge fahren.

Der Delegation gehören neben Thorsten Frei die Abgeordneten Ottmar von Holtz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), Dr. Daniela De Ridder (SPD), Johannes Selle (CDU/CSU), Ulrich Lechte (FDP) und Kathrin Vogler (DIE LINKE.) an.