01.

Sicherheitslage in Afghanistan erfordert mehr internationales Engagement

Die Sicherheitslage scheint zu Beginn der sogenannten Kampfsaison der Taliban, die traditionell nach dem Ende des Winters beginnt, in diesem Jahr besonders instabil. Dies lässt sich beispielsweise an dem brutalen Angriff der Taliban auf einen Militärstützpunkt in Mazar-i-Sharif ablesen, bei dem sich die Taliban als Soldaten verkleidet in das Camp schlichen und mehr als 140 Sicherheitskräfte töteten. Ebenso deutete der renommierte amerikanische SIGAR-Bericht auf eine zunehmende Fragilität hin. Schließlich unterliegen demnach nur noch 57% des Landes der Kontrolle der Regierung und ihrer Sicherheitsorgane während dies im Herbst 2016 noch etwa 2/3 Afghanistans waren.

Diese Sorge scheinen auch die USA zu sehen, deren neuer Verteidigungsminister Mattis derzeit erstmals in seiner Ministerrolle in Afghanistan weilt, um über mögliche Konsequenzen für das zukünftige Engagement der Internationalen Gemeinschaft in Afghanistan mit der Regierung in Kabul zu sprechen.

Thorsten Frei erörterte heute in seinem Berliner Büro die aktuellen sicherheitspolitischen Entwicklungen, aber auch politische Hintergründe mit dem seit nunmehr 2 Jahren im Land agierenden Leiter des Kabuler Büros der Adenauer-Stiftung. Schließlich ist klar, dass mit der Entscheidung der Amerikaner über das weitere Engagement in Afghanistan immer auch das weitere Mandat der Bundeswehr verknüpft ist. Für Thorsten Frei wäre – wie schon bei der letzten Mandatsdebatte im Dezember zum Ausdruck gebracht – ein größeres deutsches Kontingent erforderlich. „Das dient letztlich dem Selbstschutz der deutschen Soldaten. Wenn man den letzten Angriff in unmittelbarer Nähe zu unserem Camp sieht, erkennt man sofort, wie dringend verstärkte Selbstverteidigungsfähigkeiten notwendig sind“, so Frei in seiner Analyse der Sicherheitslage vor Ort. Insgesamt würde Frei eine Verstärkung der US-Truppen begrüßen, da es im Moment eine schwelende Patt-Situation zwischen Regierung und Taliban gebe. „Dieses Patt muss durchbrochen werden, damit Präsident Ghani seine Reformen und damit das Land weiter voran bringen kann“, so Frei weiter.

In dem Gespräch ging es außerdem um die Rolle Indiens in Afghanistan, um die rechtliche Legitimation der Regierung der nationalen Einheit, um die gegenwärtigen politischen Aktivitäten des ehemaligen Präsidenten Karzai, die seit 2015 ausstehenden Parlamentswahlen und die Reformerfolge von Präsident Ghani, die sich beispielsweise in der Beteiligung der Jugend an politischen Prozessen oder an der zunehmend an fachlichen Gesichtspunkten orientierten Vergabe von öffentlichen Jobs zeigen.