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Kommentar in "Die Welt"

Vor allem linke Politiker wollen im Grundgesetz mit dem Begriff „aus rassistischen Gründen“ das Wort „Rasse“ ersetzen. Thorsten Frei glaubt allerdings nicht, dass diese Veränderung ein großer Fortschritt wäre und plädiert für eine andere Wortwahl. Dies hat er heute in der Tageszeitung ‚Die WELT‘ mit nachfolgendem Kommentar dargelegt.

Das Wort "Rasse" ändern - Nur wie?

von Thorsten Frei

"Es gibt keine menschlichen Rassen – und trotzdem spricht das Grundgesetz von ihnen. Stein des Anstoßes ist Artikel 3 Absatz 3: Niemand darf benachteiligt oder bevorzugt werden – nicht wegen Geschlecht, Abstammung, Sprache, Herkunft, Glauben, religiöser oder politischer Anschauung– oder eben wegen „seiner Rasse“. Ein Anachronismus, sagen die Kritiker, ein Hindernis in der Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus. In den nächsten Tagen wird sich die Koalition darüber verständigen, wie die Formulierung geändert werden kann. Nur: worauf?

Wenn es nach dem Entwurf des Bundesjustizministeriums geht, soll die „Rasse“ in Artikel 3 künftig der Wendung „aus rassistischen Gründen“ weichen. Ein Fortschritt? Aus meiner Sicht nein. Vorweg: Zwingend ist eine Änderung des Grundgesetzes überhaupt nicht. Denn die Mütter und Väter des Grundgesetzes wollten gerade dafür sorgen, dass es nie wieder zu einer Rassenideologie wie der der Nationalsozialisten kommt, gerade Diskriminierungen aus diesen Gründen verhindern. Auch findet sich der Begriff in zahlreichen Verträgen des Völkerrechts, von der UN-Erklärung der Menschenrechte bis zur Europäischen Menschenrechtskonvention, die nicht ohne Weiteres geändert werden könnten.

Zudem könnten die Pläne des Bundesjustizministeriums aus meiner Sicht den Schutz verringern: Sind bei einem Verbot nur „rassistischer“ Benachteiligungen nur noch Benachteiligungen verboten, die mit einer entsprechenden Gesinnung erfolgen? Ich fürchte, es würde eine Art Zweiklassengesellschaft von Diskriminierungen geschaffen. Stattdessen schlage ich vor, dass wir, wenn wir Artikel 3 ändern wollen, vor den Begriff der Rasse schlicht ein „vermeintliche“ setzen:

Dann wäre eine Benachteiligung oder Bevorzugung wegen der „vermeintlichen Rasse“ untersagt. Wir würden Missverständnissen zum Begriff „Rasse“ den Boden entziehen, es wäre klar, dass wir Menschen nicht in Rassen einteilen, und wir würden gleichzeitig den Schutzumfang des bisherigen Artikel 3 Grundgesetz beibehalten. Aus meiner Sicht wäre das ein sinnvoller Weg."

Quelle: www.welt.de/debatte/kommentare/article226538811/Grundgesetz-Aenderung-Das-Wort-Rasse-streichen-aber-was-kommt-dann.html