01.

Gambia als Musterbeispiel für Migrationszusammenarbeit mit Afrika

Alle Verlautbarungen und Bemühungen, um auf europäischer Ebene gemeinsam Fortschritte und Kompromisse für eine konsistente und funktionierende EU-Migrationspolitik zu erreichen, sind bisher fehlgeschlagen. Die Interessenunterschiede der 27 Mitgliedsstaaten sind zu groß, die Kompromissbereitschaft zu klein. Hier braucht es nach Ansicht von Gerald Knaus, dem Vorsitzenden des Berliner Think Tanks "European Stability Initiative (ESI)", neue Impulse und Wege, um aus der Sackgasse herauszukommen. Knaus, der auch als Kopf hinter dem Türkei-EU-Flüchtlingsabkommen gilt, sieht vor allem auf Seiten Deutschlands großen Handlungsdruck, da Deutschland die meisten Lasten der Migration trägt. "Während Griechenland, Italien und Spanien zwar am lautesten klagen, nehmen sie im Gegenzug kaum neue Flüchtlinge auf. Die drei Mittelmeeranrainer gewähren Menschen aus Afrika und Asien kaum oder im Falle Spaniens gar kein Asyl, was wiederum dazu führt, dass fast alle Migranten weiter nach Frankreich und Deutschland zögen," so Knaus.

In diesem Zusammenhang stellte Gerald Knaus seine aktuellen Studien und Schlussfolgerungen zu den Migrationsherausforderungen insbesondere mit Westafrika im Deutschen Bundestag bei Thorsten Frei vor. Am Beispiel Gambias, das er kürzlich für politische Gespräche besuchte, skizzierte Knaus wie Deutschland mit den Staaten Afrikas wirksame Migrationsabkommen schließen könnte. Dabei betonte er, dass solche Abkommen für beide Seiten einen Mehrwert haben müssen. Im Falle Gambias wären dafür bilaterale Entwicklungsprojekte, die es derzeit nicht gebe, Qualifizierungsmöglichkeiten für Gambianer, die bereits in Deutschland sind, und auch legale Migrationskorridore notwendig. Umgekehrt müsse sich Gambia bereit erklären, jeden straffälligen Asylbewerber zurückzunehmen, uneingeschränkt bei der Verhinderung illegaler Migration, bei der Identitätsfeststellung und der Passersatzbeschaffung mitzuwirken und die Bevölkerung über Migrationsrisiken und Schwierigkeiten zu informieren.

Ein solches Modellprojekt der Migrationszusammenarbeit wäre auch aus Sicht von Thorsten Frei vor allem für Baden-Württemberg von großem Interesse, da fast alle Gambianer, die seit 2015 nach Europa gekommen sind, heute in Baden-Württemberg lebten. „Unabhängig davon kommt es aber auch darauf an, dass man mit einer solchen Vereinbarung nicht den Eindruck erweckt, dass ein Spurwechsel von illegaler Migration zu Legalität durch Arbeit führt. Die damit einhergehenden Signale könnten einen neuen Migrationssog entwickeln“, warnte Frei, der auch der Auffassung ist, dass Deutschland selbst handeln müsse, wenn es auf europäischer Ebene stocke und deshalb den Vorschlägen der ESI sehr offen begegnete.